Neun Jahre und 50 Tage – Von Mitteln und Zielen

Sowjetische Hardware vor den Resten der Buddha-Statuen von Bamiyan, die im März 2001 von den Taliban gesprengt wurden (Quelle: Isafmedia)

Neun Jahre und 50 Tage dauerte der Krieg der Russen in Afghanistan. Seit heute kämpfen Amerikaner und NATO-Partner einen Tag länger dort. In einem Artikel nimmt sich die Nachrichtenagentur Associated Press des denkwürdigen Datums an.

Der Artikel gibt sich alle Mühe, die Unterschiede zwischen der sowjetischen und der US-geführten Invasion zu unterstreichen. Interessant ist allerdings ein nicht weiter ausgeführter Gedanke über die Zielsetzung des Einmarsches: „Als die Sowjetunion am 27. Dezember 1979 in Afghanistan einmarschierte war es erklärtes Ziel, Afghanistan in einen modernen sozialistischen Staat zu transformieren“.

Während die Sowjets einen sozialistischen Staat à la UDSSR etablieren wollten, widmen sich die USA und Partner dem Bau eines demokratischen Rechtsstaats nach westlichem Vorbild. Beide Kriege werden geführt, um ein bestimmtes politisches und gesellschaftliches System zu etablieren. Da hilft es wenig, dass es den USA zu Anfang, als sie 2001 losschlugen, lediglich darum ging, die Al-Kaida und deren Gastgeber, die Taliban, auszuschalten.

Bereits der Name der jetzigen Mission unter UN-Mandat ist der Versuch, die Absichten des Waffengangs ins Positive zu drehen. ISAF steht für International Security and Assistance Force, der Name könnte auch aus der Feder einer PR-Agentur stammen. Er will besagen:

Erstens, der Einsatz ist „international“ legitimiert von den Vereinten Nationen, kein Alleingang in imperialer Absicht. Faktisch jedoch konnte sich niemand, und sei es aus Solidarität, den USA nach dem 11. September verweigern. Das Ziel Afghanistan schien im unmittelbaren Zusammenhang mit den Anschlägen auf das World Trade Center in New York legitim. Sehr wahrscheinlich aber hätten die USA auch ohne Mandat und ohne Partner losgeschlagen.

Zweitens, die Bergriffe „Security“ und „Assistance“ suggerieren, dass Afghanistan nicht besetzt und unterjocht werden soll. Lediglich sollen die Konditionen geschaffen werden, um ein funktionierendes afghanisches Staatsgebilde auf die Beine zu stellen und das Land zu befrieden. Den Afghanen soll assistiert werden, sich selbst zu helfen. Klar ist, dass allen Beteiligten der ISAF hierbei jedoch nicht irgendein Staatsgefüge vorschwebt, sondern eine Demokratie westlichen Vorbilds.

Auch die Sowjets werden 1979 nie offenherzig gesagt haben: „Wir marschieren nach Kabul, um ihnen unser System aufzudrängen.“ Sie hatten gegenüber der ISAF sogar den Vorteil, dass Kabul bereits eine Regierung nach ihrem Geschmack hatte. Die kommunistische Regierung Kabuls bat bereits 1978 um die Entsendung sowjetischer Einheiten zur Unterstützung gegen die Mudschaheddin. Als die Rote Armee Weihnachten 1979 einmarschierte, tat sie das offiziell auf Einladung, lediglich zur Unterstützung (to assist), der dortigen Regierung.

Selbst wenn sich die Kampagnen von gestern und heute in allen anderen Aspekten unterscheiden sollten – die übergeordneten Ziele ähneln sich -nach Abzug aller ideellen und moralischen Vorurteile zu Gunsten der heutigen Kampagne – bis hin zur Deckungsgleichheit. Froh dürfen alle Beteiligten sein, dass der Kalte Krieg vorbei ist und die Russen die Aufständischen bestimmt nicht mit Waffensystemen à la Stinger versorgen werden.

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